Pöbel

Aus phenixxenia.org
Version vom 29. September 2015, 20:23 Uhr von Wolf-Dieter Batz (Diskussion | Beiträge) (Die Seite wurde neu angelegt: „Kategorie:Gedanken-blitz Noch sind wir fleißig bis zur letzten Stunde des Tages, obwohl wir die Raserei des Spielers zu der Ausdauer des Arbeiters fügen…“)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Noch sind wir fleißig bis zur letzten Stunde des Tages, obwohl wir die Raserei des Spielers zu der Ausdauer des Arbeiters fügen; noch sind wir tapfer bis zum Tod, wiewohl unfähig, wahre Ursachen des Krieges zu erkennen; noch sind wir in der Liebe zu unserm eignen Fleisch und Blut treu bis in den Tod, wie Seeungeheuer und Steinadler es sind. Es ist Hoffnung für ein Volk, solange das von ihm gesagt werden kann. Solange es sein Leben in der Hand hält, bereit, es für seine (wenn auch törichte) Ehre, für seine (wenn auch selbstsüchtige) Liebe, für seinen (wenn auch niedrigen) Beruf hinzugeben, ist Hoffnung da. Jedoch nur Hoffnung; denn diese instinktmäßige, undisziplinierte Tugend kann nicht dauern. Kein Volk kann bestehen, das sich zum Pöbel gemacht hat, wie großmütigen Herzens es auch sein mag. Es muß seine Leidenschaften in Zucht nehmen und sie leiten, oder sie werden es eines Tages mit Skorpionen züchtigen. Vor allem, ein Volk kann nicht als geldmachender Pöbel bestehen: es kann nicht straflos weiterleben, fortwährend Literatur, Wissenschaft, Kunst, Natur, Mitleid verachten und seine ganze Seele auf den Pfennig zusammenengen.

Quellen

Sesame and Lilies, John Ruskin, 1865-1869 (Übersetzung von Maria Kühn, 1910).