Wie setzen wir Bioenergie ein? (aus ISBN 978-3451309267)
Wenn man über das angeblich Problematische an der Bioenergie diskutiert – dass sie Autos ernähre statt Menschen (Tank-vs.- Teller-Diskussion) –, dann muss man wissen, dass etwa 20 Prozent der Ackerflächen in Deutschland für nachwachsende Rohstoffe genutzt werden. 2001 wurden auf 1,15 Millionen Hektar Pflanzen für Biodiesel angebaut, hauptsachlich Raps, und auf weiteren 0,9 Millionen Hektar Pflanzen für Biogas, hauptsachlich Mais. Ich trete generell dafür ein, nicht hauptsachlich beispielsweise Mais zu nutzen, sondern statt einer Monokultur zu einer Diversifizierung der Rohstoffe zu kommen. Aber das prioritäre Problem im Zusammenhang mit dem Hunger in der Welt ist die Fleischproduktion, weil sie eine Vergeudung von Kalorien, Wasser, Energie und Flache ist, auf der Grünfutter für Schweine und Kühe wachst. Man braucht viele Kilo Getreide, um ein Kilo Fleisch in den Handel zu bringen. Wurden wir diese Flächen für Menschen nutzen statt für Schlachttiere, wäre wirklich etwas gegen den Welthunger getan. Ich mochte nicht alle Menschen zu Vegetariern erziehen, aber bewusster und etwas weniger Fleisch zu essen, halte ich für machbar.
Es wird keine Bioenergie mehr im Auto verbrannt
Bioenergie sollte künftig sinnvoll eingesetzt werden. Sinnvoll ist es, wenn man sie nicht als Treibstoff in herkömmlichen Autos ineffizient verbrennt, sondern in Blockheizkraftwerken nutzt und damit gleichzeitig Strom und Wärme erzeugt. Die Blockheizkraftwerke stehen in Stadtwerken, in Industrie- und Gewerbebetrieben, die gleichzeitig Strom und Wärme brauchen. Miniblockheizkraftwerke stehen in Häusern. Sie haben eine hohe Effizienz, wenig Transportverluste und brauchen wenig Speicherung. Wir haben grosse Kapazitäten: Die Flächen, die wir für Biosprit benötigen, sind heute mit über einer Million Hektar deutlich grösser als für den Biogasanbau.
Biogas wird schneller und effektiver verbrannt
Derzeit laufen Bioenergie-Anlagen nahezu rund um die Uhr und kommen so auf etwa 8.000 Volllaststunden. Das ist vergleichbar mit Braunkohlekraftwerken. Aber wenn Wind und Sonne zur Verfügung stehen, braucht man die teurere Bioenergie nicht. Daher ist es sinnvoll, Bioenergie nicht völlig gleichmässig das ganze Jahr über zu produzieren und zu verbrennen, sondern künftig als Backup für die Phasen zu benutzen, wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen. Wir brauchen 2.000 statt 8.000 Volllaststunden.
Biogas kann in Kavernen gespeichert werden, das ist kein Problem. Wenn man das Gas nicht peu a peu, sondern in einem kürzeren Zeitraum verbrennt, kann man das Vierfache an Leistung erzielen. Die Bioenergiemenge der knapp über zwei Millionen Hektar Anbauflache reicht aus, um Lücken zu schliessen für Zeiten, wenn Wind und Sonne nicht genügen. Dieser Ausgleich wird zumeist im Winter zum Tragen kommen, wenn beispielsweise einmal nur 15 Prozent der Windkraftleistung am Netz sind.
Wir brauchen keine zusätzlichen Flächen für Bioenergie
Durch effizientere Nutzung können wir auf 100 Prozent Erneuerbare umstellen, ohne dass wir zusätzliche Flächen für Bioenergie benötigen. Im Gegenteil. Was bisher nicht einkalkuliert wird, ist eine Energieeffizienzsteigerung in der Biogasanlage. Wir werden durch intensivere Forschung mehr Energie-Rohstoffe aus der gleichen Flache gewinnen und durch Verbesserungen beim biologischen Umwandlungsprozess 50 bis 100 Prozent mehr Energie aus den Rohstoffen. Letztlich steht Bioenergie trotzdem im Wettbewerb mit Windgas. Durchsetzen wird sich, was am Ende günstiger sein wird.