Nazinetzwerk NSU 22
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O-TON (Mitat Özdemir) | "Eine Nagelbombe, so viel Nägel, wo sie gerade stehen überall regneten Nägel, hier auf der Straße. Man wollte einen Massenmord." |
ERMITTELNDER JOURNALIST | Mitat Özdemir, Initiative "Keupstraße ist überall". Ich treffe ihn an der Stelle, wo der NSU seine dritte Bombe zündete. 9. Juni 2004. In der Keupstraße, Köln-Mühlheim. 22 Menschen teils schwerverletzt. |
O-TON (Mitat Özdemir) | "Man hat immer gesagt: Dalsak – also Skinheads, Dalsak. Und Nazis. Man erzählte immer – aber: Man konnte nicht beweisen." |
ERMITTELNDER JOURNALIST | Das war 2004. Die deutschen Behörden beharren: Kein terroristischer Hintergrund. |
VERBORGENE QUELLE | Im nahen London dachte die Polizei aber anders. |
ERMITTELNDER JOURNALIST | Vier Monate nach dem Kölner Attentat kommt Post. Absender: New Scotland Yard. Ein Dossier. 70 Seiten. Beim britischen Staatsschutz ist man hellhörig geworden: Denn 1999 in London – Fünf Jahre vor Köln – ebenfalls Nagelbomben. Gegen Migranten. |
ERMITTELNDER JOURNALIST | Die Schlussfolgerung: Auch das deutsche Nagelbombenattentat könnte von Neo-Nazis begangen worden sein. Doch die Kölner Polizei legt den Hinweis der britischen Kollegen schnell zu den Akten. |
VERBORGENE QUELLE | Zum Zeitpunkt des Kölner Bombenanschlags sei der Londoner Attentäter ja bereits in Haft gewesen. Er könne also gar nicht der Täter von Köln sein. Spur erledigt! Ist das Dummheit, Zynismus? Absicht? |
ERMITTELNDER JOURNALIST | Den Zusammenhang zwischen Terrorismus und militanter Nazi-Musik-Szene haben die ermittelnden deutschen Behörden nicht erkennen wollen; sie haben die transnationale Vernetzung der deutschen Neo-Nazis ignoriert. |
O-TON (Andreas Förster) | "Wir kommen da wieder auf den Anschlag in der Keupstraße zurück, wo sich der damalige Innenminister, es war 2004, der damalige Innenminister, Otto Schily von der SPD, noch am selben Tag festlegte, dass es sich nicht um einen Terroranschlag handelt. Damals stand die Fußball-WM in Deutschland an. Der Slogan war schon raus: Zu Gast bei Freunden. Da hätte natürlich ein rechtsterroristischer Bombenanschlag überhaupt nicht ins Bild gepasst. Und dieses Bild will man bis heute eben auch beibehalten." |
ERMITTELNDER JOURNALIST | Andreas Förster, Buchautor. "Geheimsache NSU” |
O-TON (Andreas Förster) | "Es hat jetzt eben eine einzelne kleine Terrorzelle gegeben, und die ist zerschlagen und damit ist dieses Problem im Griff und wird beherrscht. Dieser Schluss, den die Ermittlungsbehörden im ersten Moment gezogen haben, ist dankbar aufgegriffen worden, von allen Beteiligten. Auch eben von der Politik." |
Mit freundlicher Genehmigung der Autoren aus: "Nazinetzwerk NSU - ein Feature über Europas extreme Rechte von Ralf Homann und Thies Marsen"