Drei Mythen, die der Masterplan widerlegt (aus ISBN 978-3451309267)
Mythos 1: Wind und Sonne geht nicht wegen fehlender Frequenz- und Spannungshaltung
Falsch. für einen stabilen Netzbetrieb darf die Spannung nicht schwanken und die Netzfrequenz muss dauerhaft bei 50 Hertz liegen. Moderne Wind- und Solaranlagen haben diesbezüglich sämtliche Eigenschaften, die auch konventionelle Kraftwerke haben. Blockheizkraftwerke können nach Bedarf zu- oder abgeschaltet, hoch- und heruntergeregelt werden, um die Stabilität zu gewährleisten.
Die künftige Speicherkapazität von Batterien wird um ein Vielfaches grösser sein als der heutige maximale Bedarf. Dafür reichen bereits die eine Million Elektrofahrzeuge, die die Bundesregierung 2020 auf unseren Strassen fahren lassen mochte.
Die hangen aber nicht alle gleichzeitig am Netz? Richtig. Aber in der Zukunft gibt es bei 30 bis 40 Millionen E-Mobilen und einer durchschnittlichen Autonutzung von einer halben Stunde pro Tag definitiv immer genug Fahrzeuge, die am Netz hangen.
Mythos 2: Wir brauchen Offshore-Wind wegen Volllaststunden und Arbeitsplätzen
Falsch. Aus dem Masterplan lässt sich nur eine Schlussfolgerung ziehen: Wir können uns definitiv keinen Offshore-Windstrom leisten. Die Argumente waren stets: die Volllastundenzahl, der fehlende Platz an Land und der günstigere Preis. Alles ist widerlegt. Die Windanlagen in Nord- oder Ostsee waren viel zu weit weg von den Verbrauchern. Es brauchte weite Transportnetze, einen teuren Netzausbau, einen erhöhten Speicherbedarf und die essenzielle Wertschöpfung vor Ort ginge verloren. Es stimmt, dass Offshore-Anlagen eine hohe Volllaststundenzahl erreichen. Doch es sind deutlich mehr Volllaststunden als bisher angenommen durch die entsprechende Technik auch an Land und mit Solar erreichbar.
Nachdem durch Innovationen und Massenproduktion Solarenergie weitaus günstiger als Offshore-Wind geworden ist, ist Offshore die teuerste Art, Strom zu produzieren. Sie ist mehr als zwei- bis dreimal so teuer wie die Windenergie an Land.
Ich sprach mit vielen Politikern darüber – mit Bundesumweltminister Peter Altmaier, mit SPDlern und auch mit Grünen. Alle sagten: Ja, Offshore sei teuer, aber man mache das halt wegen der Arbeitsplatze. Letztes Jahr gab es jedoch noch mehr als sechsmal so viele Arbeitsplatze im Solarbereich. Und dennoch hat man die Einspeisevergütung drastisch gekürzt. Einzige Begründung: Der Strom sei zu teuer.
Es ist unlogisch, warum dieses Argument bei der teuersten Art, Strom zu erzeugen, nicht gelten soll. Der Sinn erschliesst sich erst, wenn man weiss, dass die Erzeuger von Offshore-Strom nicht Burger sind, sondern Grosskonzerne. So ist auch nachzuvollziehen, warum auf dem Hohepunkt der Strompreisdiskussion der Bundestag beschloss, Offshore-Wind bereits jetzt zu vergüten, auch wenn es noch gar keine Netze dafür gibt.
Mythos 3: Wir brauchen Netzausbau
Falsch. Alle bisherigen Studien, die zur Begründung eines Netzausbaus herangezogen werden, gehen fälschlicherweise davon aus, dass Windräder künftig nur 2.000 bis etwa 2.500 Volllaststunden erreichen. Entweder war den Erstellern der Studien nicht bekannt, dass man die Volllaststunden sehr einfach verändern kann. Oder sie verfolgen damit das Interesse, möglichst viel Wind- und Solarstrom, aber eben auch parallel dazu Kohlestrom ins Netz einspeisen zu können.
Ich habe es gesagt: Dieser Netzausbau entspricht der Logik einer zehnspurigen Autobahn, die zu jedem Zeitpunkt alle Bedürfnisse der Porschefahrer erfüllen will. Ohne Rücksicht auf die ökonomischen und ökologischen Kosten.
Bei den Grosskonzernen durfte das Interesse am Kohlestrom im Vordergrund stehen. Bei Wirtschaftsminister Rösler konnte beides eine Rolle spielen: Er will die Konzerne unterstutzen und er weiss es einfach nicht besser. Zumindest tritt er immer wieder lauthals für einen schnellen und breiten Netzausbau ein. Mit Gesetzen für eine beschleunigte Umsetzung mochte er auch die Grünen in die Zwickmühle zwischen ihren beiden Grundinteressen Energiewende und Naturschutz bringen.
Da wir jedoch wie aufgezeigt keinen Offshore-Strom brauchen, sondern Windkraft überall und nahe am Verbraucher, brauchen wir auch keinen Netzausbau auf Höchstspannungsebene. Es gibt einfache Möglichkeiten, Lasten zu verschieben. Wir können Strom in Wärme oder Gas umwandeln und speichern, und das sogar günstiger in der Investition, als es der Netzausbau ist. Was wir brauchen, ist Repowering. Alte Windkraftanlagen mit geringen Volllaststunden müssen durch neue mit hohen Volllaststunden ersetzt werden.