Harte schmutzige Arbeit

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Verteilt die Erde, wie ihr wollt, die Hauptfrage bleibt unerbittlich: Wer soll sie graben? Wer von uns soll, kurz gesagt, die harte, schmutzige Arbeit für die andern tun und für welchen Lohn? Wer soll die angenehme, reinliche Arbeit tun und für welchen Lohn? Wer soll gar keine Arbeit tun und für welchen Lohn?

Merkwürdige sittliche und religiöse Fragen sind mit diesen verbunden. Wie weit ist es erlaubt, sehr vielen Leuten einen Teil der Seele auszusaugen, um die abgezogenen seelischen Teile zusammenzufügen und eine sehr schöne, ideale Seele zu gewinnen?

Handelte es sich nur um Blut, anstatt um Geist (und die Sache könnte buchstäblich gemacht werden, wie es vordem mit kleinen Kindern geschehen ist), so daß es möglich wäre, dadurch, daß man eine gewisse Menge Blut aus den Armen einer gegebenen Anzahl gewöhnlicher Leute entnähme und alles in einen Menschen hineintäte, aus demselben einen blaublütigeren Gentleman zu machen, so würde man das natürlich fertig bringen; aber heimlich, sollte ich denken.

Aber jetzt, da es Hirn und Seele ist, was wir entziehen, nicht sichtbares Blut, kann es ganz öffentlich geschehen, und wir Gebildeten leben nach der Art der Wiesel von der zartesten Beute; d.h. wir halten eine gewisse Anzahl von Tölpeln am Graben und Entwässern und im allgemeinen in Verdummung, damit wir, umsonst gefüttert, alles Denken und Fühlen für uns haben können.

Doch läßt sich ja allerlei dafür sagen.

Ein Gentleman (vielmehr noch eine Dame) von vornehmer Erziehung ist ein großes Erzeugnis, ein besseres, als die meisten Statuen, da es zugleich schön gefärbt und wohlgestaltet ist und dazu noch all das Hirn; ein prächtiges Ding zum Ansehen, ein wunderbares Ding, damit zu reden; man kann es wie eine Pyramide oder Kirche nicht ohne Opfer von viel beigesteuertem Leben erlangen. Vielleicht ist es besser, ein schönes, menschliches Geschöpf zu bilden, als einen schönen Dom oder Turm, und herrlicher, zu einem weit über uns erhabenen Wesen aufzusehen, als zu einer Mauer.

Nur wird das schöne menschliche Geschöpf dagegen einige Pflichten zu erfüllen haben, Pflichten des lebendigen Glockenturms oder Bollwerks.

Quelle

Sesame and Lilies, John Ruskin, 1865-1869 (Übersetzung von Maria Kühn, 1910).